… dann holen wir die Meisterschaft und spielen um den UEFA-Cup

Nun spielt Arminia also vorerst das letzte Mal samstags um 15:30 Uhr. Ich möchte nicht sagen, dass ich mich gerade wieder daran gewöhnt hatte, aber Anstoßzeiten um 13:00 Uhr werden mich in meinem (Essens-)Rhythmus auf jeden Fall wieder auf eine harte Probe stellen. An Gesprächsthemen dieser Art merkt man, dass die Stimmung vor dem finalen 34. Spieltag schon etwas gelöster war.
Mit dem seit einer Woche zu 99,9% feststehenden Abstieg konnte sich bereits ausführlich auseinandergesetzt werden.
Das Spiel gegen RB Leipzig war vorab von Trainer Marco Kostmann zum Charaktertest ausgerufen worden. Man wolle sich nach einer verkorksten Saison zumindest mit viel Willen und Anstand vom eigenen Publikum verabschieden.
Als dann auch noch Fabian Klos am Freitagnachmittag verkündete, dass er seinen auslaufenden Vertrag doch nochmal um ein weiteres Jahr verlängert hat („unser Stadion liegend auf einer Trage zu verlassen – das kann’s nicht sein“
), kehrte bei vielen Ostwestfalen die Hoffnung zurück. Es sollten die ersten von vielen Tränen sein, die an diesem Wochenende fließen werden.
22.719 Zuschauer (darunter 972 Gäste aus Leipzig) pilgerten an diesem sonnigen Samstagnachmittag zur Bielefelder Alm. Die Arminia hatte im Vorfeld darum gebeten ein wenig früher ins Stadion zu kommen, um die Verabschiedung einiger Spieler mitzuerleben.
Als ungefähr das gesamte Inventar eines Blumenladens in Richtung Spielfeld getragen wurde, hofften wir inständig dass vielleicht fünf oder sechs Balljungen noch mit verabschiedet werden.
Als es dann mit der Verabschiedungszeremonie losging, wurden zunächst Patrick Wimmer und Fabian Kunze gefeiert, welche es Beide zur nächsten Saison nach Niedersachsen zieht.  
Im Anschluss ging es weiter mit Gonzalo Castro und Alessandro Schöpf, über deren Zukunft noch nichts weiter bekannt ist. Bei Beiden konnte man damit rechnen, dass es hier nur im Falle eines Klassenerhalts eine Chance auf ein weiteres Jahr in Bielefeld gibt. Es ist allerdings auch Teil der Wahrheit, dass sowohl Castro als auch Schöpf die in sie gesetzten Erwartungen nicht zu 100% erfüllen konnten.
Sehr bitter für den DSC sind in jedem Fall die Abgänge von Pieper, der voraussichtlich innerhalb der Bundesliga wechseln wird, Nilsson (für den es wohl in die USA nach St. Louis geht) und Cédric Brunner, über dessen Zukunft noch nichts weiter bekannt ist.
Man darf auf den Neuaufbau unserer Viererkette, hoffentlich mit Gui Ramos in zentraler Position, gespannt sein.
Eine schöne Geste war die Verabschiedung von Tom Schütz, der mit seinen beiden Kindern vor Ort war. Sein offizieller Abschied ist coronabedingt damals leider ins Wasser gefallen und wurde nun schönerweise nachgeholt.
Zum Schluss wurde es dann wieder richtig emotional, als Stefan Ortega für seine zusammengenommen 12 Jahre im Verein frenetisch bejubelt wurde. Es war ja nicht überraschend, dass Tego uns leider verlassen wird, aber emotional war doch irgendwie niemand auf diese Verabschiedung vorbereitet. Ich glaube, das war auch nicht möglich.
Als dann auch noch Fabi Klos das Mikro bekam und seine kurzfristige Vertragsverlängerung verkündete, hätte man mich als mentales Wrack auch einfach direkt wieder nach Hause karren können. Dabei hatten wir die eigentlichen 90 Minuten noch vor uns.
Also schnell die letzten Tränen aus den Augenwinkeln wischen, nochmal Gänsehaut bei der Hymne und dann ab in’s Spiel!

Bei den ungeliebten Gästen aus Sachsen hatte man gerade in der ersten Halbzeit das Gefühl, dass es sich hier um einen lauen Sommerkick mit Grillabend handelt und weniger, dass es um den Einzug in die Champions League ginge. Es wurde sehr spät bis gar nicht gepresst und größtenteils Arminia der Ball überlassen. Deren Glück, dass wir offensiv diese Saison leider wirklich unfassbar ungefährlich sind.
Dennoch merkte man unserer Truppe an, dass Sie sich hier heute ordentlich verabschieden wollten. Es war viel von dem zu sehen, was im letzten Drittel der Saison zu oft abhandengekommen war. Es wurde im besten Sinne Fußball gearbeitet.
Ansonsten parierte Ortega zweimal bärenstark gegen Nkunku! Besagter Rasenballsportler trat zusätzlich unrühmlich in Szene als er 4 Minuten vor der Halbzeit gegen Wimmer zu spät kam. Dieser musste daraufhin zur Pause in der Kabine bleiben. Ich hätte mir auch für ihn einen anderen Abgang gewünscht. Für ihn kam der 18-jährige Burak Ince in die Partie.

In Hälfte zwei wurde RB etwas gefährlicher. Doch man hatte das Gefühl, dass hier für Arminia etwas drin war. Das merkte auch das gesamte Stadion und versuchte den Ball stimmgewaltig ins Tor zu drücken. In der 70. Minute war es dann tatsächlich soweit. Okugawa legt den Ball per  Hacke auf Hack ab (Wortspiel unbeabsichtigt). Dieser schlenzt den Ball mit seinem Außenrist auf das Tor von Péter Gulácsi, der den Ball nur leicht ablenken kann. Janni Serra schaltet am schnellsten und bugsiert das Ding mit seiner Brust ins Tor! Endlich wieder Bierdusche!!
Eine Minute später die nächste Chance von Okugawa, der leider leicht verzieht. Jetzt war Musik drin!
Allerdings wäre ein zu Null Sieg am letzten Spieltag wohl zu kitschig gewesen. Deswegen segelte ein Szoboszlai-Freistoß in der 93. Spielminute auf die Stirn von Willi Orban, der aus 5 Metern einköpfte.
Selten einen peinlicheren, inszenierten, übertriebenen Jubel gesehen. Der eine Punkt hatte faktisch überhaupt keine Auswirkung auf deren Qualifikation für die Champions League. Jedes weitere Wort über dieses Produkt wäre in jedem Fall eins zu viel, weshalb ich mich hier wieder auf das wichtige fokussiere. Arminias Fans honorierten den Auftritt Ihrer Mannschaft und übertönten sowohl den Jubel der Gäste, als auch die letzten Momente des Spiels und darüber hinaus.
„Deutscher Sportclub Allez, du wirst nie untergeeeeh’n, scheiß egal was passiert, wir sind immer bei dir!“ schallte es minutenlang durchs Stadion. Ortega weint und kommt (vorerst) ein letztes Mal zum Zaun. Wir weinen mit.
Es war ein würdiger Abschied für alle Beteiligten und irgendwie fängt es jetzt doch schon wieder mit der Vorfreude auf die neue Saison an.
Und wir kommen wieder – wann auch immer das sein wird.
„Scheiß egal was passiert, wir sind immer bei dir.“